Kleine sibirische Märchenstunde

Natürlich gibt es auch Sibirien eine Unmenge an verschiedenen Märchen und Sagen, die auch noch immer wieder neu erzählt und variiert werden. Hier erstmal drei derjenigen, die uns bei unterschiedlichen Quellen immer wieder begegnet sind und deswegen wohl auch am bekanntesten sind. Aber vielleicht kennt Ihr ja selbst auch ein Märchen oder es begegnet Euch eins auf Eurer Reise. Dann immer her damit, die anderen Leser freuen sich!!



Die Sage vom Schamanenstein - oder - Der alte Baikal und seine Töchter

Der alte Gevatter Baikal hatte über 300 Töchter, eine schöner als die andere und mit Augen so strahlend blau wie der Himmel oder so leuchtend grün wie die Blätter der Birken. Er hielt sie sorgfältig verborgen, da er keine verlieren wollte und sie lebten glücklich bei ihm. Nur seine Lieblingstochter, die mutige Angara, schaute ab und zu sehnsüchtig in die Ferne und träumte vom weiten Meer.

Eines Tages hörte sie die Tiere des Waldes von einem tapferen Jüngling erzählen, der Jenissej hieß und aus den hohen schneebedeckten Bergen kam. Kraftvoll und ungestüm suche er den weiten Weg nach Norden zum Eismeer hin. Sie zögerte lange, da sie ihren Vater und die fröhlichen Schwestern nicht verlassen wollte, aber eines Nachts fasste sie sich ein Herz und schlich sich leise davon.

Sie hatte schon ein ganzes Stück Weg geschafft, als eine eifersüchtige Möwe sie bei ihrem Vater verriet. Der alte Baikal war außer sich vor Zorn und warf ihr Steine nach, um sie aufzuhalten. Aber die Angara wollte nicht mehr zurück und floh durch die Wälder, bis sie den Jenissej traf. Der Jüngling freute sich über die wunderschöne Gefährtin und seitdem gehen sie den langen Weg nach Norden gemeinsam.

Den größten der Steine, die der alte Baikal nach seiner Tochter warf, kann man heute noch sehen - der Schamanenstein, der in der Nähe von Listwjanka aus dem Wasser ragt.

Die Schwanentöchter des Baikals - ein burjatisches Märchen

Vor langer langer Zeit sah ein junger Jäger, wie eine Gruppe Schwäne sich auf dem Baikal niederließ. Sie schwammen zum Ufer und zu seinem Erstaunen sah er, wie sie ihr Gefieder ablegten und dreizehn wunderschöne junge Mädchen hervorkamen. Er versteckte sich hinter einem Felsen und beobachtete sie beim baden.

Da er sie nicht einfach wieder wegfliegen lassen wollte, stahl er heimlich eins der Gefieder. Doch die Mädchen hörten ihn. Sie kamen schnell zurück, verwandelten sich wieder in Schwäne und flogen dann davon. Nur die dreizehnte konnte nicht fliehen, da er ihr Gefieder versteckt hatte. Als sie jedoch sah, dass er jung und stark war, blieb sie gern bei ihm und folgte ihm in sein Zuhause.

Zwanzig Jahre lebten sie glücklich zusammen und sie gebar ihm dreizehn gesunde Kinder. Aber immer wieder sehnte sie sich nach ihren Schwestern und fragte nach ihnen.

Als die Kinder alt genug waren, bat sie ihren Mann wieder, ihr das Gefieder zurückzugeben, damit sie ihre Schwestern besuchen könne. Er gab es ihr nur ungern, da er sie nicht verlieren wollte, aber er hatte auch ein schlechtes Gewissen, weil er es ihr gestohlen hatte.

Kaum hatte sie jedoch ihr Gefieder wieder angelegt, flog sie aus dem Fenster davon und kam nie wieder. Und seitdem warten ihre Kinder und Kindeskinder jedes Jahr auf die Rückkehr der Schwäne.

Das Märchen vom Besen

Vor langer langer Zeit lebte einmal ein alter Mann einsam im Wald. Er war arm und besaß nichts außer einem hübschen kleinen Topf, einem geschnitzten Löffel und einem alten Besen.

Eines Tages hörte er, dass ein Schamane ein dreitägiges Fest abhielt und alle Leute einludt, mit ihm zu feiern. Also besuchte auch der Alte den Schamanen und nahm seinen kleinen Topf mit. Das war ein besonderer Topf, denn sobald man den Deckel anhob, füllte er sich mit allerlei Essbarem.

Beim Schamanen angekommen legte er seinen Topf aufs Fensterbrett und setzte sich an den Tisch um zu schmausen. Der Schamane sah den hübschen Topf und war neugierig, aber als er sah, was für köstliche Speisen ohne Unterlass herausfielen, nahm er ihn an sich und versteckte ihn. Als der Alte nach Hause gehen wollte, suchte er seinen Topf und konnte ihn nicht finden. Auch der Schamane zuckte bei seiner Frage nur mit den Schultern. Also musste er mit leeren Händen heimgehen.

Auch am nächsten Tag machte der Alte sich wieder auf den Weg und nahm diesmal seinen geschnitzten Löffel mit. Das war ein besonderer Löffel, denn sobald man ihn ein wenig neigte, floss roter Wein daraus.

Beim Schamanen angekommen, legte er den Löffel aufs Fensterbrett und widmete sich dem Essen, denn er war hungrig. Der Schamane sah den geschnitzten Löffel und nahm ihn an sich. Und als er den Wein bemerkte, der herauslief, versteckte er ihn schnell. Am Abend, als der Alte nach Hause gehen wollte, suchte er seinen Löffel. Und wieder behauptete der Schamane nichts zu wissen.

Am folgenden Tag ging der Alte wieder den Schamanen besuchen und nahm diesmal seinen Besen mit, denn das war ein besonderer Besen und er lehnte ihn an das Fensterbrett.

Der Schamane war natürlich neugierig, was ihm wohl der Besen wunderbares bescheren würde. Und so ertönte kaum dass sich der Alte zum Essen hingesetzt hatte, lautes Geschrei und die Gäste sahen, wie der Besen auf dem Rücken des Schamanen tanzte. Der schrie und rief nach dem Alten, er solle seinen Besen zurückrufen. Doch der Alte fragte nur nach seinem hübschen kleinen Topf und seinem geschnitzten Löffel. Da musste der Schamane beides wieder zurückgeben. Der Alte rief den Besen zurück und machte sich mit seinem hübschen Töpfchen, dem geschnitzten Löffel und seinem alten Besen auf den Heimweg.

 

Artikel drucken
zurück
Newsletter bestellen!
Werde Pate!

Artikel geändert:
12 Feb 2006

Hostelworld-Werbung

Eastblock Music

Sagaan

Rubelkurs