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Pass weg - Was nun?

Torsten Richter
von Torsten Richter
Foto: Tom Umbreit

Gleich zu Beginn sei gewarnt, dass bei einem Urlaub in Russland der Verlust des Reisepasses so ziemlich das Schlimmste ist, was passieren kann. Russland ist nun mal das größte Land der Welt und infolgedessen sind auch die Wege weit bis zu den entsprechenden Ämtern, auf denen man einen neuen Reisepass erhalten kann.

Für Urlauber am Baikal bedeutet dies eine etwa 31stündige Zugfahrt von Irkutsk nach Novosibirsk auf den Gleisen der Transsibirischen Eisenbahn. Jedoch ist der Kauf eines Zugtickets nicht ganz einfach, da man dazu seinen Pass vorzeigen muss. Ist man mit mehreren Leuten unterwegs, kann man jemand anderen das Ticket kaufen lassen. Da Pass und Ticket aber beim Einsteigen in den Zug überprüft werden, muss man jemanden suchen, der in etwa halbwegs so aussieht wie man selber. Mit dem "geborgten" Reisepass versucht man dann in den Zug zu kommen. Damit sich der andere nicht die ganze Zeit ohne Pass in Russland aufhält, muss man versuchen den Pass wieder aus dem Zug heraus zu schleusen. Selber kann man dann nur noch hoffen bis nach Novosibirsk nicht kontrolliert zu werden.

Der Eingang sieht ziemlich abschreckend aus. Der Pförtner kann sich mittels Videokamera gleich ein Bild von dir machen und dann entscheiden ob er dich rein lässt. Nach dem Öffnen der ersten Tür kommt noch eine Stahlgittertür - sieht alles nicht wirklich gemütlich aus, sondern erinnert eher an ein Gefängnis. Nachdem man dem Personal am Eingang die Lage geschildert hat, wird man hereingelassen und geht eine Treppe hinauf zu den Büroräumen. Diese entsprechen dem deutschen Standard und der erste Eindruck vom Eingang ist schnell vergessen. Der Eingangsbereich soll demnächst umgestaltet werden, so das zukünftige Pechvögel einen freundlicheren Eindruck vermittelt bekommen.

Als nächstes muss man ein Formular über die persönlichen Daten ausfüllen. Dieses Formular wird an das zuständige Einwohnermeldeamt in Deutschland gefaxt und kostet satte 500 Rubel. Das hiesige Einwohnermeldeamt überprüft die angegebenen Daten und schickt eine Bestätigung mit Foto per Fax zurück. Das Problem bei der ganzen Angelegenheit ist die fünfstündige Zeitverschiebung zwischen Novosibirsk und Deutschland. Selbst wenn das Fax vormittags in Novosibirsk abgeschickt wird, kann es frühestens 14 Uhr nach Novosibirsker Zeit in Deutschland bearbeitet werden, da es zu dem Zeitpunkt in Deutschland 9 Uhr ist und die Ämter gerade öffnen. Aber bereits zwischen 15:30 und 16:00 schließt das Konsulat in Novosibirsk. Die Verbleibenden 2 Stunden dürften nur äußerst selten für die Bearbeitung ausreichen. In der Regel bearbeitet aber das deutsche Einwohnermeldeamt den Fall im Laufe des Tages, so dass das Fax am nächsten Morgen in Novosibirsk vorliegt. Darauf sollte man sich aber auf keinen Fall verlassen. Um nicht am nächsten Tag ohne Bestätigung dazustehen (Vorsicht Wochenende!!!) sollte man unbedingt darauf bestehen, dass nach Versand des Faxes in Deutschland angerufen wird, damit man erstens sicher sein kann, dass es in die richtigen Hände gelangt ist und zweitens damit man drauf dringen kann, dass es auf Grund der Notsituation umgehend bearbeitet wird.

Ist dann schließlich die Bestätigung vom Einwohnermeldeamt vorhanden, ist der Pass nach Abgabe von 2 Passfotos schnell ausgestellt. Der Pass ist genau der gleiche, wie der in Deutschland verwendete vorübergehende (grüne) Reisepass.

Hält man den Pass dann in den Händen, ist dies noch lange kein Grund zur Freude. Man besitzt jetzt nämlich einen Pass ohne Visum. Die Visumstelle (OVIR) befindet sich glücklicherweise nur etwa 500 Meter entfernt vom Konsulat. Vom Konsulat erhält man ein Schreiben in russischer Sprache, in dem drin steht, dass man seinen Pass verloren hat, das Generalkonsulat nach Prüfung der Identität einen neuen Pass ausgestellt hat und nun das Personal vom OVIR einem ein Ausreisevisum ausstellen soll. Möglicherweise funktioniert dies auch - falls man eine Registrierung besitzt. Sobald man in Russland eingereist ist, muss man sich eigentlich sofort registrieren lassen. Ist man im Hotel untergebracht findet dies in der Regel direkt beim einchecken im Hotel statt, ansonsten kann man es bei örtlichen Reisebüros, manchmal auch in Hotels machen. Wenn man diese Registrierung nicht besitzt, bekommt man arge Probleme. Man hat dann das entsprechende Reisbüro in Deutschland zu kontaktieren, bei dem man das Visum erhalten hat, um herauszubekommen über welche Stelle in Russland die Einladung für das Visum gelaufen ist. In der Regel ist dies Moskau.

Im Prinzip müsste man jetzt nach Moskau fahren und die Sache dort vor Ort klären. Man kann aber hoffen, dass diese Stelle Niederlassungen in Russland besitzt. Also muss man dort anrufen und sich danach erkundigen. Wenn man Glück hat, gibt es noch eine weitere Niederlassung, wenn man Pech hat ist diese z.B. in Petersburg. Da dies aber unzumutbare Entfernungen sind (und man ja ohne Reispass mit gültigem Visum sowieso nicht fliegen oder mit der Bahn fahren darf) geht man am besten zurück zum Konsulat und hofft, dass sie einem in der Beziehung weiter helfen können. In der Tat hat das Konsulat eine gute Beziehung zum OVIR, aber leider nur zur Chefin. Diese stellt auch, zwar nicht ganz legal, ohne Registrierung ein Visum aus. Ist diese nicht da, hat man Pech und kann sich noch einen Tag Novosibirsk anschauen. Hat man dann das Okay von der Chefin, braucht man das Visum nur noch zu bezahlen. Aber auch dies ist mit Schwierigkeiten verbunden, denn man kann es nicht bar auf dem OVIR bezahlen, sondern muss es auf der Bank überweisen. Allerdings bekommt man nicht gesagt auf welche Bank, Kontonummer und Bankleitzahl man das Geld zu überweisen hat. Deswegen geht man am besten zurück zum Konsulat und fragt dort nach. Die russischen Angestellten kennen sich damit aus. Die Überweisung kann auf jeder beliebigen Bank gemacht werden, allerdings muss dafür ein Überweisungsschein gemäß einem aushängenden Vordruck ausgefüllt werden. Am besten ist es, wenn ein russischer Angestellter vom Konsulat mit auf die Bank geht und beim Ausfüllen des Überweisungsscheins behilflich ist. Wie gesagt, ein Vordruck zum Ausfüllen hängt zwar aus, aber da es davon viele gibt, blickt man nicht durch, welchen man nehmen soll. Hat man dann die Überweisung getätigt, erhält man eine Quittung mit der man zum OVIR geht und nach Abgabe von ebenfalls 2 Fotos endlich das lang ersehnte Visum in den Händen halten kann.

Falls man mit mehreren Leuten unterwegs ist und es wurden alle beklaut (soll ja auch vorkommen), so benötigt man wenigstens noch von einer Person der Gruppe einen Reisepass, um wieder an Geld zu kommen. Bei allen Banken, an denen Western Union steht, kann man sich nämlich von den Verwandten daheim Geld überweisen lassen. Diese Überweisung dauert nur wenige Stunden. Die Verwandten benötigen dazu nur die Nummer des Reisepasses und man selbst kann mit dem Reisepass das Geld von der Bank abholen. Allerdings sind die Gebühren enorm, bei 200€ sind es bereits knappe 30€.

Wenn keiner mehr was besitzt, können an dieser Stelle auch keine Tipps mehr gegeben werden. Wie hieraus zu erkennen ist, ist der Verlust des Reisepasses in Russland nicht nur mit erheblichen Kosten, sondern viel schlimmer, mit erheblicher Zeit und viel Stress verbunden.

Anfallende Kosten:
ca. 1700 Rubel (Reisepass einschließlich 500 Rubel fürs Fax)
200 Rubel Visum
2mal 750 Rubel Zugticket Irkutsk - Novosibirsk im dritte Klasse Zug - platzkartnyi

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Artikel geändert:
11 Feb 2006

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